Margaret Morse
Die Aufgaben des Windes [Duties of the Wind].
Eine Feministin auf den Spuren kulturellen Wandels
übersetzt von Susanne Lummerding und Katja Wiederspahn (gender et alia)
in: Monika Bernold, Andrea B. Braidt, Claudia Preschl (Hg.),
SCREENWISE. Film, Fernsehen, Feminismus,
Marburg: Schüren 2004, S. 143-148 [Auszug]

Als feministische Wissenschaftlerin geht es mir in meiner Forschungstätigkeit nicht darum herauszufinden, wie die Dinge sind, sondern wie sie sich verändern lassen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass sich die Medien, die ich als kulturelle Formen – in denen Geschlechtszugehörigkeit (gender) stets eine Komponente ist – untersuche, in Bewegung bzw. in einem Übergangszustand befinden. Meine Hoffnung geht dahin, mit der Einschreibung einer feministischen Sichtweise und feministischer Werte in den Diskurs eine weitblickende Subjektivität für mich selbst und für andere anregen zu können. Das heißt, insofern der Feminismus den Wunsch darstellt, ein Subjekt zu werden, das mit anderen Subjekten in der Welt lebt, handelt und spricht, erfordert dies mehr als die Verbesserung der Rechte und gesellschaftlichen Lebensbedingungen für Frauen – es erfordert die Handlungsfähigkeit und wechselseitige Anerkennung von anderen, die möglicherweise gänzlich andere Ziele im Sinn haben. Das Ziel eines weitblickenden Feminismus ist es, AkteurIn von Veränderungen zu sein statt durch diese vernichtet oder zum Schweigen gebracht zu werden. (1) […]

(1) Diese Auffassung von Feminismus mag wie eine altmodische große Erzählung von Emanzipation und Fortschritt des „Menschen“ wirken, wie sie in der französischen philosophischen Diskussion von Lyotard, Foucault und Derrida kritisiert wird. Ohne den Wunsch von Millionen Frauen entschuldigen zu wollen, lesen und schreiben zu können und für ihren eigenen Unterhalt und den ihrer Familie sorgende, politische, juridische und kulturelle Subjekte zu werden, würde ich meinen, dass es zwischen diesen großen Erzählungen von Emanzipation und dem Werk des Windes einen Unterschied gibt. Erstens war das Subjekt der großen Erzählungen vom „Menschen“ bekanntlich implizit kohärent, männlich und weiß, und erst das Aufkommen von Feminismus, Anti- und Postkolonialismus stellte sie infrage. Zweitens wurde die Geschichte der Postmoderne als Fragmentierung der Subjektivität zunächst aus einem kohärent männlichen und europäischen Blickwinkel erzählt, der merkwürdigerweise feministische Diskurse diskreditierte und trivialisierte. Das Selbst, ebenso wie Subjektivität und Bedeutung in der Sprache waren allesamt Konstruktionen – warum sollten Frauen sie sich also dennoch wünschen? Das heißt, das „Altmodische“ am Feminismus ist ein Effekt dieser Analyse aus dem Blickwinkel des „Menschen“, da es die Kohärenz und fortschrittsgläubige Vorstellung von Veränderung in den alten großen Erzählungen auf die Wünsche von Frauen projeziert.

Weder ist Veränderung notwendigerweise befreiend noch waren Feministinnen immer fortschrittlich hinsichtlich unserer primären Anliegen. So machte etwa die Zweite Frauenbewegung den Fehler, dem an Erziehung und Familie interessierten Zweig der europäischen und US-amerikanischen Ersten Frauenbewegung weniger Aufmerksamkeit und Überlegung zu widmen als dem Zugang zum öffentlichen Bereich und zur Arbeitswelt. Auch der westliche Feminismus war sehr weiß und verabsäumte es weitgehend, Frauen jeden Alters und jeder ethnisierter Positionierung anzusprechen und Verbündete willkommen zu heißen, wo immer sie zu finden waren.

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